Bilder komprimierter Raumerfahrung, 2018 - 2020
Auf jedem unserer täglich zurückgelegten Wege nehmen wir bewusst oder unbewusst die unterschiedlichsten Raumqualitäten wahr. Die diesem Projekt zu Grunde liegende Idee ist, Farben, Strukturen, Eindrücke und Empfindungen entlang eines Weges im urbanen Raum oder dessen Umgebung in einem einzigen alles umfassenden Bild darzustellen. Von primärem Interesse ist dabei die Tragweite visueller Reminiszenz erlebter Raumerfahrung und die Frage, inwiefern subjektive Erinnerung in objektive Wahrnehmung eingebettet ist. Etwa 100 einzelne Momentaufnahmen werden zu einem Bild zusammengefügt, aus dem es nun verschiedene Erkenntnisse zu gewinnen gilt, insbesondere: Ist das Wesentliche, das man erfahren, erlebt und empfunden hat, sozusagen die Essenz des zurückgelegten Weges, aus Bild ablesbar, oder kommt sogar noch etwas hinzu?
Ausstellungsansichten Sehsaal 2019
Die Geschwister, Künstlerinnen und Architektinnen Claudia Dorninger-Lehner und Julia Dorninger bewegen sich immer wieder mit ihren künstlerischen Projekten an der Schnittstelle von Kunst und Architektur. In der eigens für den Projekt – und Kunstraum sehsaal konzipierten Ausstellung „Urbane (De) kodierungen“ setzen sich beide intensiv mit dem Thema des öffentlichen Raumes, dessen Strukturen, Relationen, Auflösung und Möglichkeiten auseinander. Während Claudia Dorninger-Lehner fotografisch die Wahrnehmung des urbanen Raumes im Kontext von Zeit und Erinnerung erforscht, untersucht Julia Dorninger die Aneignung von Raum durch menschliches Handeln in einer raumgreifenden Installation.
In Claudia Dorninger-Lehners Serie „Was bleibt“ wird der Raum als ein Aggregat aus sichtbaren wie unsichtbaren Strukturen, Inskriptionen und Erinnerungen begriffen. Am Anfang legte sie unterschiedliche Wegstrecken zurück, indem sie etwa 100 einzelne Momentaufnahmen fotografierte und anschließend zu einem einzigen Bild verdichtete. Sie hinterfragt, wie wir bewusst oder unbewusst urbane Strukturen wahrnehmen und inwiefern subjektive Erinnerung in objektive Wahrnehmung eingebettet ist. Können durch die experimentelle Aneignung der „Realität“ weitere Wahrnehmungskategorien der Befindlichkeit angelegt werden, welche die Wirklichkeit neu bewerten?
Julia Dorninger setzt sich in ihrem Projekt „Narratives of urban space“ mit der Fragestellung auseinander, auf welche Weise über soziale Prozesse und verschiedene Formen der Aneignung Raum neu strukturiert werden kann. In ihren Arbeiten untersucht sie das performative Element des öffentlichen Raums und hinterfragt dessen Auswirkungen auf die Konzeption von Architektur bzw. dessen Handlungsmacht. Hans Hollein hat in seinem Manifest von 1968 Architektur als Mittel der Konditionierung und Erweiterung der Sinne und damit als ein Medium verstanden. Hier stellt sich die Frage: Sind starr gebaute Strukturen das passende Medium? In Julia Dorningers Arbeiten wird Raum nicht als eine abgeschlossene Entität, sondern als fortwährender Prozess betrachtet, der von Handlungen und Bewegungen erzeugt wird und als ein kontinuierlich produzierter, nie abgeschlossener Raum, in dem Struktur situativ entwickelt und optimiert wird.
In dieser Ausstellung loten beide Künstlerinnen intensiv die Strukturen und die subjektiven Wahrnehmungen des Raums in Relation zu Zeit und Erinnerung aus und hinterfragen die Kodierung bzw. die Dekodierung des urbanen Raumes.
Text: Gabriele Baumgartner
Ausstellungsansichten Galerie LIK 2018
DI Claudia Dorninger-Lehner
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